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  • Der heimliche Kompromiss: Warum wir im Alltag lügen, um uns selbst treu zu bleiben

    Diskussion · 9 Beiträge · 3 Gefällt mir · 415 Aufrufe
    Thomas Kissing aus Düsseldorf

    Stell dir vor:

     

    Du sitzt bei einem gemütlichen Abendessen mit Freunden.

    Die Gastgeberin bringt voller Stolz ein selbstgekochtes Gericht an den Tisch. Du probierst – und merkst sofort: Das ist überhaupt nicht dein Geschmack.

     

    Dann lächelt sie dich an:

    „Schmeckt’s?“

     

    Du nickst.

    Du lächelst.

    Und sagst:

    „Köstlich!“

     

    Obwohl du innerlich denkst: „Ich muss das irgendwie runterkriegen…“

     

    Warum machen wir das?

     

    Weil diese kleine Lüge etwas beschützt:

    • ihre Freude,
    • die Harmonie des Abends,
    • und vielleicht auch dein Image als „unkomplizierter Gast“.

    Doch genau hier wird’s spannend:

     

    Ist das eigentlich Höflichkeit – oder schon ein kleiner Selbstverrat?

     

    Unter der Oberfläche brodelt oft ein innerer Konflikt:

     

    „Will ich ehrlich sein – oder will ich dazugehören?“

    „Schütze ich andere – oder meine eigene Ruhe?“

     

    Ich glaube:

    Diese Alltagslügen sind stille Kompromisse, mit denen wir durchs Leben navigieren.

    Manchmal fühlen sie sich an wie Rettungsringe – manchmal eher wie Handschellen.

     

    📌 Deshalb frage ich EUCH:

     

    1️⃣ Welche „Schutzlüge“ hast du diese Woche benutzt?

    („Mir geht’s gut“, „Ich bin nur gerade viel beschäftigt“, „Das passt schon…“)

     

    2️⃣ Wann wurde aus Höflichkeit plötzlich eine Last?

     

    3️⃣ Hast du jemals eine Beziehung gerettet, weil du nicht ehrlich warst?

     

    💬 Teilt eure Gedanken dazu – ganz offen.

     

    Egal ob du denkst:

    ✨ „Lügen sind das Schmiermittel des sozialen Miteinanders.“

    ⚖️ „Jede Lüge hinterlässt einen Riss in der Wahrheit.“

    🌪️ „Ich hab einfach keine Lust mehr auf Masken.“

     

    Denn:

    Je ehrlicher wir über Unehrlichkeit sprechen, desto klarer erkennen wir uns selbst.

    Thomas Kissing 

    03.06.25, 22:19

Beiträge

  • 05.06.25, 12:49

     

    Karin:

    Bei mir kommt es drauf an, in einem Restaurant macht es für mich keinen Sinn zu sagen, wenn es mir nicht so geschmeckt hat, dann nicke ich höflich, bei der Frage ob es schmeckte und schau weg, hat es mir geschmeckt strahl ich und bejahe es ausdrücklich. Bei Familienmitglieder, gute Freunde kommt ganz ehrlich mein Feedback, denn das will ich auch, da ich mir das gerne merke für das nächste Mal. Dass es bei der damaligen Fastschwiegermamma nicht gut ankam war mir Schnuppe.

     

    Bei der so oft gestellten Frage „Wie geht’s?“ antworte ich automatisch mit „gut,gut“ erst auf erhobene Augenbraue rück ich dann etwas näher zur Wahrheit. Wer mich gut kennt braucht mich das nicht zu fragen.

     

    Wer mich konkret nach meiner Meinung fragt ist selber schuld, wenn er eine höfliche beschönigte Antwort erwartet, das fehlt in meinem Repertoire. 
     

    Was nicht heisst,  dass ich mich immer wie ein Rüppel benehme. Ich füge oft ein feines Kompliment oder Lob oder was charmantes dazu. Ich mag einfach keine (Not)Lügen

    Da hast Du Recht. Es ist halt ein Unterschied, ob man ehrlich oder kritiksüchtig ist 🙂

  • 04.06.25, 23:00 - Zuletzt bearbeitet 04.06.25, 23:16.

    Bei mir kommt es drauf an, in einem Restaurant macht es für mich keinen Sinn zu sagen, wenn es mir nicht so geschmeckt hat, dann nicke ich höflich, bei der Frage ob es schmeckte und schau weg, hat es mir geschmeckt strahl ich und bejahe es ausdrücklich. Bei Familienmitglieder, gute Freunde kommt ganz ehrlich mein Feedback, denn das will ich auch, da ich mir das gerne merke für das nächste Mal. Dass es bei der damaligen Fastschwiegermamma nicht gut ankam war mir Schnuppe.

     

    Bei der so oft gestellten Frage „Wie geht’s?“ antworte ich automatisch mit „gut,gut“ erst auf erhobene Augenbraue rück ich dann etwas näher zur Wahrheit. Wer mich gut kennt braucht mich das nicht zu fragen.

     

    Wer mich konkret nach meiner Meinung fragt ist selber schuld, wenn er eine höfliche beschönigte Antwort erwartet, das fehlt in meinem Repertoire. 
     

    Was nicht heisst,  dass ich mich immer wie ein Rüppel benehme. Ich füge oft ein feines Kompliment oder Lob oder was charmantes dazu. Ich mag einfach keine (Not)Lügen

  • 04.06.25, 22:57

     

    Thomas Kissing:

    Ich hab lange Zeit automatisch genickt, gelächelt, hingenommen.

    Nicht nur beim Essen, das mir nicht schmeckt. Sondern auch bei Sätzen wie:

    „Geht’s dir gut?“ – „Ja, klar.“

    „Alles im Griff?“ – „Passt schon.“

     

    Die einfache Antwort beruhigt.

    Sie hält die Stimmung stabil, das Bild vom „unkomplizierten Typen“ aufrecht.

    Und ganz ehrlich: Ich hab lange gedacht, das sei einfach Teil von Nähe.

     

    Ich bin in einer Umgebung aufgewachsen, in der ich früh Verantwortung übernommen habe – vor allem emotional.

    Ich hab gelernt, für andere stark zu sein. Für mich war das normal.

    Aber irgendwann habe ich gemerkt: Ich verliere mich dabei selbst.
     

    Diese kleinen Schutzlügen – ob in Beziehungen, Freundschaften oder im Alltag – haben sich oft angefühlt wie eine Form von Selbstschutz.

    Doch mit der Zeit merkte ich: Sie schützen weniger, als sie verbergen.

     

    Ich war der Helfer, der Versteher, der Zuhörer.

    Und trotzdem blieb oft etwas unausgesprochen – das, was ich gebraucht hätte.

    Und damit auch ein Teil von mir.

     

    Heute weiß ich: Ehrlichkeit ist nicht gleich Konfrontation.

    Und Rücksicht bedeutet nicht Selbstaufgabe.

     

    Ich lerne, nicht aus Pflichtgefühl zu gefallen – sondern aus echter Verbindung heraus zu handeln.

    Denn wer ich wirklich bin, zeigt sich nicht im perfekten Lächeln, sondern in der Fähigkeit, auch mal „Nein“ zu sagen. Oder „Das tut mir nicht gut.“

    Oder einfach: „Es schmeckt mir nicht, aber danke für deine Mühe.“

     

    Diese kleinen Wahrheiten verändern etwas.

    Nicht auf einen Schlag – aber still und ehrlich.

    Und das fühlt sich inzwischen mehr nach mir an als jedes höfliche „Köstlich“, das nie stimmte.

    Thomas Kissing 

    Es ist ein Unterschied, ob sich eine Lüge auf mich bezieht oder auf andere. Wenn die Lüge dem anderen dient, ist sie gut, vorausgesetzt sie ist glaubhaft genug. Das hat mit Selbstverleugnung nichts zu tun. Eine Lüge über mich könnte der Selbstverleugnung dienen, ist aber nicht zwingend. Häufig genug hat es einfach keinen Sinn, jemanden in die eigenen Probleme einzubeziehen, weil sie den anderen total überfordern und vielleicht sogar verängstigen würden. Eine emotionale Überlagerung erschwert zudem die eigene Lösungsfindung. 

  • 04.06.25, 22:44

     

    Madlen:

    Also wenn man sich nicht sagen kann, dass einem etwas nicht schmeckt, was ist das dann für eine Freundschaft? 

     

    Ich habe schon oft gemerkt, dass meine direkte und ehrliche Art, nicht jedem gefällt. Aber wenn ich lügen muss, damit mich jemand mag.... nein Danke, dann bleib ich lieber ehrlich. 

     

    Ist doch auch voll anstrengend, sich zu merken, wen man wann und wo und warum auch immer angelogen hat.

     

    Man kann Dinge ehrlich und freundlich formulieren. Wobei es eigentlich lustig wäre, wenn diese potentielle Feinschmeckerin dann immer wieder dieses "gute leckere Essen" hingestellt bekommen würde. Ja mir ist klar, das es sich dabei um ein Beispiel handelt. 

     

    Ich finde es schlimm, wenn mich Leute wegen Kleinigkeiten anlügen. Es ist so unnötig. Und zerstört das Vertrauen. 

    Auf persönliche Dinge nicht ehrlich zu antworten, kann ich nachvollziehen. Es geht schließlich nicht jeden alles etwas an. Aber um beim Beispiel Essen zu bleiben, ein "Vielen Dank, dass du dir so viel Mühe gegeben hast, aber leider trifft es mein Geschmack nicht so richtig" bringt doch niemanden um. 

    Hand aufs Herz, wer will denn wegen so etwas banalen angelogen werden?

    Ich sehe es vom Ende her. Das wenig leckere Essen belastet mich im schlimmsten Falle. Das ist schon blöd. Aber warum sollte ich zusätzlich den Gastgeber frustrieren ? Dann wären es ja zwei.

     

    Außerdem, mit Ehrlichkeit ist ehrenhaftes Verhalten gemeint. Was ist unehrenhaft, jemanden die Freude oder das Gesicht zu belassen ?

  • 04.06.25, 21:44

    Also wenn man sich nicht sagen kann, dass einem etwas nicht schmeckt, was ist das dann für eine Freundschaft? 

     

    Ich habe schon oft gemerkt, dass meine direkte und ehrliche Art, nicht jedem gefällt. Aber wenn ich lügen muss, damit mich jemand mag.... nein Danke, dann bleib ich lieber ehrlich. 

     

    Ist doch auch voll anstrengend, sich zu merken, wen man wann und wo und warum auch immer angelogen hat.

     

    Man kann Dinge ehrlich und freundlich formulieren. Wobei es eigentlich lustig wäre, wenn diese potentielle Feinschmeckerin dann immer wieder dieses "gute leckere Essen" hingestellt bekommen würde. Ja mir ist klar, das es sich dabei um ein Beispiel handelt. 

     

    Ich finde es schlimm, wenn mich Leute wegen Kleinigkeiten anlügen. Es ist so unnötig. Und zerstört das Vertrauen. 

    Auf persönliche Dinge nicht ehrlich zu antworten, kann ich nachvollziehen. Es geht schließlich nicht jeden alles etwas an. Aber um beim Beispiel Essen zu bleiben, ein "Vielen Dank, dass du dir so viel Mühe gegeben hast, aber leider trifft es mein Geschmack nicht so richtig" bringt doch niemanden um. 

    Hand aufs Herz, wer will denn wegen so etwas banalen angelogen werden?

  • 04.06.25, 15:39

    Ich habe von "heiligen" Lügen gehört. Sie verletzen nicht das Gegenüber, können einen selbst elegant aus Notsituationen bringen und manchmal ist die Lüge höflicher als die Wahrheit. 

    Ist es mir wichtig, das Essen zu kritisieren oder kann ich auch einfach darüber hinwegsteigen/sehen?

  • 04.06.25, 12:59

    Höflichkeiten und Lügen fasse ich mal unter dem Begriff; Unehrlichkeiten zusammen. 

    Unehrlichkeiten in Form von Lügen finde ich problematisch , mit Ausnahme von Notlügen. Unehrlichkeiten in Form von Höflichkeiten finde ich ok. Wo genau die Grenzen verlaufen, darf jeder für sich selber festlegen.
    Ist es noch Höflichkeit, wenn ich Essen in den höchsten Tönen lobe, was mir aber nicht wirklich schmeckt? Vermutlich nicht. "Dein Essen schmeckt widerlich!" 
    Ist es hilfreich so ehrlich antworten? Vermutlich auch nicht. 

    Ist es auch unehrlich, etwas zu verschweigen? Darüber lässt sich sicherlich streiten. Vermutlich kommt es, wie so oft, auf den Einzelfall an. 

    Lange Zeit habe ich mich zu Dingen überreden lassen, die ich nicht wirklich wollte. Und vieles von dem was ich gesagt habe, habe ich dahingehend ausgerichtet, was man denn von mir hören wollte, bzw. was ich dachte sagen zu müssen um dazu zu gehören und Anerkennung zu finden.
    Das lief lange Zeit wie von selbst und im Grunde unterbewusst ab, sodas es mir als Unehrlichkeit gar nicht bewusst war.
    Man kann sich quasi selbst belügen ohne es zu merken. 
    Dadurch war ich innerlich zerissen, permanent unzufrieden und konnte mich selbst nicht wirklich leiden. Schon früh habe ich Allergien entwickelt, irgendwann kam Übergewicht dazu. 

    Mit der Zeit habe ich lernen dürfen, dass ich mir selbst gerne wichtiger sein darf, als das Aufrechterhalten einer kollektiven Harmonie. 
    Mittlerweile vermeide ich Menschen die mir nicht gut tun, einige Freundschaften habe ich nicht mehr weitergeführt, andere 'Freunde' sind von selbst gegangen. Meinungsverschiedenheiten gehe ich jedoch nur noch selten aus dem Weg. Bestimmten Familienzusammenkünften bleibe ich fern. Ich beteilige mich nicht länger als unbedingt nötig an oberflächlichem Smalltalk, weil ich es mich zutiefst langweilt. Was andere über mich denken, ist mir zunehmend egal. 

    Je weiter ich diesen Weg gehe, desto mehr komme ich bei mir an. Neue Freunde und Bekannte sind dazu gekommen. 

    Meine Allergien sind auf dem Rückzug, mein körperliches Wohlbefinden ist top, und ich bin nur selten krank. 
    Es ist ein langer Weg. und er erfordert Mut. Ich bin froh ihn eingeschlagen zu haben. 

    Lieber Thomas, in der Überschrift zu diesem Thema schreibst du:
    "Warum wir im Alltag lügen, um uns selbst treu zu bleiben"
    Nach meinem Empfinden ist es genau andersrum. Wenn ich mich zu Lügen hinreißen lasse, bin ich mir selbst nicht treu. Ich bleibe mir jedoch treu, wenn ich den Mut aufbringe mein tatsächliches Empfinden zum Ausdruck zu bringen. Treu bleibe ich mir auch, wenn ich mich eben nicht verstelle oder anpasse, um den Erwartungen anderer zu entsprechen.


    Zum Schluss zwei Kalendersprüche: 

    Andere kannst du nicht ändern. Du kannst nur dich selber ändern. 

    Weißt du noch wer du mal warst, bevor dir gesagt wurde, wer du sein sollst?

  • 04.06.25, 06:29

    Was nützen Lügen, wenn ich spür, das was nicht stimmmt?

    "Man will nicht darüber reden"

     

    Ok🤷‍♀️

     

    😅😅😅

  • Ich hab lange Zeit automatisch genickt, gelächelt, hingenommen.

    Nicht nur beim Essen, das mir nicht schmeckt. Sondern auch bei Sätzen wie:

    „Geht’s dir gut?“ – „Ja, klar.“

    „Alles im Griff?“ – „Passt schon.“

     

    Die einfache Antwort beruhigt.

    Sie hält die Stimmung stabil, das Bild vom „unkomplizierten Typen“ aufrecht.

    Und ganz ehrlich: Ich hab lange gedacht, das sei einfach Teil von Nähe.

     

    Ich bin in einer Umgebung aufgewachsen, in der ich früh Verantwortung übernommen habe – vor allem emotional.

    Ich hab gelernt, für andere stark zu sein. Für mich war das normal.

    Aber irgendwann habe ich gemerkt: Ich verliere mich dabei selbst.
     

    Diese kleinen Schutzlügen – ob in Beziehungen, Freundschaften oder im Alltag – haben sich oft angefühlt wie eine Form von Selbstschutz.

    Doch mit der Zeit merkte ich: Sie schützen weniger, als sie verbergen.

     

    Ich war der Helfer, der Versteher, der Zuhörer.

    Und trotzdem blieb oft etwas unausgesprochen – das, was ich gebraucht hätte.

    Und damit auch ein Teil von mir.

     

    Heute weiß ich: Ehrlichkeit ist nicht gleich Konfrontation.

    Und Rücksicht bedeutet nicht Selbstaufgabe.

     

    Ich lerne, nicht aus Pflichtgefühl zu gefallen – sondern aus echter Verbindung heraus zu handeln.

    Denn wer ich wirklich bin, zeigt sich nicht im perfekten Lächeln, sondern in der Fähigkeit, auch mal „Nein“ zu sagen. Oder „Das tut mir nicht gut.“

    Oder einfach: „Es schmeckt mir nicht, aber danke für deine Mühe.“

     

    Diese kleinen Wahrheiten verändern etwas.

    Nicht auf einen Schlag – aber still und ehrlich.

    Und das fühlt sich inzwischen mehr nach mir an als jedes höfliche „Köstlich“, das nie stimmte.

    Thomas Kissing 

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